Ich mag Die Zeit, insbesondere schätze ich, dass häufig zwei komplett konträre Meinungen zu einem Thema zu Wort kommen – diese Zeitung hat meiner Meinung nach kein wirkliches Programm, sondern ist eine Plattform für verschiedenste Ansichten.
Aber mit Warum der Intellektuelle im Internet mit Hass verfolgt wird hat sich die Redaktion keinen Gefallen getan.
Sätze wie
Jedem, der wachen Auges durch das Internet streift, ist die antiintellektuelle Hetze in den Kommentaren vertraut, die sich gegen angeblich Sperriges richtet, gegen kühne Gedanken, gegen Bildung überhaupt. Man lese nur jene höhnischen Nutzerbeiträge, die sich als Wurmfortsatz unter einem typischen Feuilletonartikel finden. Leser mit technokratisch verschlüsselten Namen wie muehl500 beklagen regelmäßig »akademisch anmutende Wortakrobatik« und Abgehobenheit eines Artikels.
sind doch Rückzugsgefechte und Trauer über die vergangene Zeit, als es eben keine Medien gab, bei denen der Pöbel auf einmal auch zu Wort kommen kann, ohne dass der vom Verlag angestellte Journalist [der] gegenüber dem Blogger immer schon im Unrecht [gewesen ist] (aus gleichem Artikel) über seine Pförtnerfunktion über die (Nicht-)Veröffentlichung von Lerserbriefen wacht.
Ganz ehrlich: Ich lese den Literaturteil der Zeit nicht – möglicherweise werden dort echte Perlen vorgestellt, aber ich verweigere mich dem dort betriebenen Sprachstil, ich will (durchaus auch persönliche) Meinungen des Autors über das besprochene Buch lesen, nicht selbstverliebte um sich selbst kreisende Sprachmonster, optimalerweise noch angereichert mit Küchenpsychologie und die Geschichte des letzten eigenen Urlaubs des Autors, der irgendwie auch zu dem Buch passt. Oder so.
Keine Frage, im Netz gibt es extrem viel Müll (und ich bin stolzer Schreiberling eines Katzencontentblogs, der auch einiges an geistigem Durchfall produziert), aber einerseits sind auch die etablierten Medien, die im Artikel als
Die Papierzeitung versammelt den politischen Skandal, Boulevardeskes und das gegenwartsanalytische Feuilletonstück. Letzteres mag vergleichsweise wenig Leser finden, verleiht der Zeitung als Ganzes aber Autorität. Sie wird ernst genommen gerade aufgrund jener Beiträge, die nicht von jedem widerstandslos verdaubar sind.
charakterisiert werden nicht frei von hysterischen Zuspitzung[en], andererseits lehnt sich der Autor mit seinem Godwin-Vergleich _sehr_ weit aus dem Fenster:
Bildungsfeindlichkeit gelangte zuletzt prägnant zur Blüte in den beiden sozialistischen Totalitarismen des 20. Jahrhunderts.
Verwunderlich ist es nicht, dass der Intellektuelle immer mal wieder in der Geschichte zum Schweigen gebracht wird, wie Ortega sagt. Denn »der Andere«, »der ganz Andere«, der Nichtintellektuelle, ist sein beständiger, ihm zahlenmäßig immerzu überlegener Feind.
Der ganze Artikel krankt daran, dass er zwar einige gute Gedanken umfasst (in grässlicher Sprache, ein über die Bundestagswahl bloggender Kneipier (eines der Beispiele im Artikel) mag nicht der geeignetste Kommentator dieses Themas sein, aber ist es deshalb eine Laienkultur, die sich der Unbedarftheit rühmt?), aber andererseits auf etwas ganz anderes hinaus will:
* über die urheberrechtlich Geschütztes illegal bezogen werden kann
* der Unvergütete über den Honorierten
* vom Verlag angestellter Journalist (oben schon angesprochen)
* vormals von der Marktlogik geschützte Bereiche wie Wissenschaft, Kunst und Bildung
* als freier Autor oder Journalist sein Auskommen fand
* oder gar um lukrativ zu sein
* von der Aushöhlung des Urheberrechts
Ja Herr Soboczynski, so ist das: Die Welt verändert sich, scheiße, nicht? Aber wenn du schon deine Pfründe verteidigen willst, um weiterhin angenehm in der Mischkalkulation zu überwintern, ohne dass die Verwertbarkeit deiner Arbeit in der Volksgemeinschaft überprüft (und das gegebenfalls auch kritisch oder – Gott bewahre – ungerechtfertigt), na – dann SCHREIB das doch. Und mach da nicht so einen Laberblafasel-Alles-Schlecht-Nur-Ich-Bin-Intelektuell-Und-Habe-Die-Wahrheit-Gepachtet-Text draus.
Pass dich an oder geh sterben.
Rant Ende :)