Hinweis: Dieser Beitrag wurde am 19.12. umformuliert und erweitert, Frank wies zu Recht darauf hin, dass der ursprüngliche Artikel für ein Google-Bombing noch etwas mager war.
Heute morgen zwitscherte der – überaus despektierliche – Satz was haben immer nur alle mit kaffee? vorbei, unfassbar, nicht?
Auf der Suche nach einer passenden Erwiderung googlete ich nach „Kaffee ist Leben“ und stellte entsetzt fest, dass es noch nicht einmal 50 Treffer zu diesem Ausdruck gibt, die sich meistens auf diesen Tagesspiegel-Artikel beziehen.
In diesem aus dem französischen übersetzten Artikel werden zwei vollkommen unterschiedliche Arten von Kaffee-Genuß beschrieben, einerseits der erste Kaffee des Tages, dieser werde einsiedlerisch und schweigend getrunken, als Ruhe- und Schutzraum für das Ich. Andererseits gibt es den Kaffee um 11 Uhr im Büro, ein Infoportal beim Arbeiten, der jedoch gefährlicher als der erste Kaffee sei, denn an der Kaffeemaschine im Flur lösen sich die Zungen, werden andere ins Vertrauen gezogen, Abteilungsverschwörungen ausgeheckt.
Ein schöner Artikel, jedoch bei weitem nicht das, was Kaffee für mich bedeutet: Kaffee, das Lebenselixier, nicht, um den Tag in Bereiche zu unterteilen sondern ein Rund-um-die-Uhr-Begleiter. Der magische Moment, wenn aus schnödem Wasser und braunen, zerhackten Dingen etwas wundervolles wird.
Diana – die auch die Eingangsfrage stellte – hat in ihrer Erwiderungsrede zugunsten der Teetrinker die Frage gestellt, warum macht sich die gute Laune der Menschheit von dieser kleinen Bohne so abhängig macht. Ich kann diese Frage nicht für alle Kaffeetrinker beantworten, doch für mich kann ich eine unsortierte Liste dessen aufstellen, wie das Getränk außerhalb der üblichen Es-macht-mich-wach-Argumentation mein Leben beeinflußt.
Da gibt es die körperlichen Panikreaktionen am Sonntag, wenn es Samstags mal wieder nicht zum Einkaufen gereicht hat; der andächtige Moment beim warten vor dem Kaffeeautomat, sollte dieser einmal funktionieren; die vollgesauten Tastaturen bei der Lektüre von bash.org; der Kampf mit der French Press bei zu viel Pulver; die für mich vollkommen untypische Sorge um eine Pflanze.
Nicht nur die Bürokultur würde bei einem Handelsstop von Kaffee zusammenbrechen, nein, vieles wäre deutlich erschwert – die im Schnitt knapp 2 Tassen Kaffee pro Tag und Kopf (Stand 2006) verteilen sich sicherlich nicht gleichmäßig auf alle, belastbare Zahlen dazu habe ich nicht, doch selbst wenn nur ein Drittel Kaffeekonsumenten sind, würde das ungefähr 25 Millionen unglückliche Menschen alleine in Deutschland bedeuten, welch ein herber Schlag für die Gesamtzufriedenheit!
Was würde verloren gehen, wenn der Duft frisch gemahlener Bohnen wegfallen würde, der genussvolle erste Schluck Kaffee am Tag, der Espresso nach einem leckeren Essen, der Konzentrationsfokus beim Arbeiten, der Anreiz morgens aufzustehen und – laut dem Industrieverband – der wichtigste Anmachspruch.